Living History - der Archäologen-(Alp)Traum

This site may earn a commission from merchant affiliate links, including eBay, Amazon, and others.

Morgan

Well-known member
Registriert
09. Nov. 2012
Beiträge
3.673
Reaktionspunkte
57
Ort
66802
Oft schon habe ich mich gefragt, was sich wohl in zwei, dreitausend Jahren Archäologen denken, wenn sie in Bärnau, dem "Hunnenring" oder anderen Stätten nochmal graben. Heute bekam ich aus erster Hand eine Anekdote erzählt, die einen Vorgeschmack darauf gibt: Ein bekannter Archäotechniker aus dem Schwäbischen veranstaltet gelegentlich kleine Kinder-Workshops in einer der Höhlen auf der Alb. Bisschen Steinzeit spielen, Pfeilspitzen aus Feuerstein herstellen, kleine Figürchen aus Speckstein schnitzen... Da passierte einem der teilnehmenden Kinder ein Missgeschick und der Anhänger zerbrach. Der enttäuschte Junge pfefferte das missratene Exemplar wutentbrannt tief in die Höhle - ausgerechnet dorthin, wo sich bereits ein Archäologenteam seinen Claim abgesteckt hatte. Kurz darauf sah man einen jungen Archäologen freudestrahlend durch die Höhle tanzen, völlig aus dem Häuschen vor Freude über seinen "Sensationsfund" :D Der Archäotechniker hatte alle Mühe, ihn davon abzuhalten, das "kostbare Stück" zu katalogisieren ^^
 
Es zeugt ja nun auch nicht grade von Intelligenz, Kinder genau neben archäologischen Augrabungen Faksimiles basteln zu lassen. Auch auf einem Gelände ernsthaft zu graben, auf dem Horden von Leuten regelmäßig Mittelalter spielen, kann ich jetzt nicht recht nachvollziehen. Das sind doch studierte Leute, oder? (Naja, beim "Archäotechniker" muss das nicht sein, so nennen sich bevorzugt Leute, die nichts in die Richtung gelernt haben, aber trotzdem 'professionell' mitspielen wollen.)
 
(Naja, beim "Archäotechniker" muss das nicht sein, so nennen sich bevorzugt Leute, die nichts in die Richtung gelernt haben, aber trotzdem 'professionell' mitspielen wollen.)
Würd ich jetzt in dem speziellen Fall nicht unterschreiben. Ich wollt hier auch keine Diskussion auslösen, sondern fand die Geschichte einfach nur totaal witzig - ich lach halt auch ganz gern mal, wenn's NICHT politisch korrekt ist. Abgesehen davon kann sowas in der Art überall passieren, wo Menschen in Gewandung rumlaufen, also auch irgendwo mitten im Wald, wo vielleicht ja doch mal jemand nachgräbt.
 
Erinnert mich an das Event in der Schweiz letzes Jahr. Wir waren auf die Lenzburg eingeladen und kamen schon recht früh am Tag dort an. Außer uns noch kein Darsteller weit und breit. Also erst einmal das Gelände erkundet. Beim Aufstieg auf die Burg entdeckt mein Lebensgefährte doch ein paar Ringe auf dem Kopfsteinpflaster. Einige einfach rund, andere genietet. Er war schon ganz aus dem Häuschen und hat sich gefragt, wie alt die wohl sind. Später stellte sich heraus, dass genau an dieser Stelle erst einige Tage zuvor der Darsteller der "Ulrich von Lenzburg" einen Reitunfall hatte. Dadurch fiel er aus und mein Lebensgefährte wurde gefragt, ob er die Rolle übernehmen könne. Die Ringe waren aus Ulrichs Kettenhemd gefallen und mit ziehmlicher Sicherheit nicht authentisch. Heute freuen wir uns, dass es dem eigentlichen Darsteller des Ulrich schon wieder besser geht. :thumbsup:
 
Ach, wir hatten das schon auch bisweilen. Elmars Wikinger-Knochengürtelschnalle etwa, die beim Schnitzen zerbrach und die er dann achtlos hinter sich geworfen hat. Die liegt jetzt auf dem Wall bei der Henneburg und wartet darauf, dass sie eines Tages jemand findet und für echt hält. Zu der Archäotechnikergeschichte: Müssen wir nicht vertiefen. Aber kurz zur Erklärung: Es gab da mal vor ein paar Jahren in einem Teil des großen As der LH-Szene so eine Mode, sich und sein Tun mit professionell klingenden Titeln adeln zu wollen. Der 'Archäotechniker' hat das Rennen gemacht, nicht zuletzt weil diese Bezeichnung nicht geschützt ist und sich jeder so nennen kann, wenn er möchte. Der Begriff an sich ist ja recht treffend für gewisse Tätigkeiten, wie etwa das experimentelle Schlagen von Feuersteinwerkzeugen. Aber durch den Drang der erwähnten Leute tummeln sich mittlerweile unter diesem Begriff zahlreiche halbprofessionelle LH-Darsteller, die kein entsprechendes Studium (falls überhaupt eines) haben und mit dieser Berufsbezeichnung Anschluss an die Kreise erlangen wollen, in denen sie sich im Rahmen ihres Tuns bewegen. Ein paar (wirklich gute, um da keine Missverständnisse aufkommen zu lassen) Leute hatten Sorgen, von ihren studierten "Kollegen" nicht ernst genommen zu werden und suchten deshalb selbst nach einem akademisch klingenden Titel, den sie sich ohne rechtliche Probleme zulegen konnten. (Es gibt da eine Uni in Deutschland, die bietet für ihre Studenten einen internen Kurs zum Archäotechniker an, aber wohl nur, weil sie billige Handlanger brauchen und den Studis das irgendwie schmackhaft machen wollen. Eine anerkannte Ausbildung ist es nicht.) Wenn der Herr wirklich vom Fach ist, sollte er sich vielleicht anders bezeichnen. Als Historiker, Museumspädagoge oder Geschichtsdidaktiker. Die sind zum Teil genausowenig geschützt. Aber ich bin nicht der Einzige, der über den 'Archäotechiker' schmunzelt. btw - wenn der Herr wirklich gut ist, bevorzugt Steinzeit macht und lange Haare hat, dann könnte es sein, dass ich ihn kenne. Massive Bigup, der Mann, den ich meine, ist gut.
 

Neueste Beiträge

Oben